Seit ich im Alter von zarten 18 die Pariser Szene bei einem Spiel in Strasburg erst gemeinsam supporten und sich dann gegenseitig übelst boxen sah, fasziniert mich diese wirre und von dauerhaften politischen Grabenkämpfen geprägte Szene wie kaum eine andere. Auch wenn die hiesige Gefolgschaft mit der damaligen (fast) so wenig gemein hat, wie der aktuelle Klub aus Paris, samt seines sympathischen Eigners, mit dem damaligen Youri Djorkaeff, freute ich mich wie ein kleines Kind auf das Kräftemessen mit dem Klub aus Paris.

Nachdem ich zwar am Schlachthof, aber gefühlt in Ulm, geparkt hatte, war es eher kurz vor knapp als ich zur Ticketkontrolle in die heiligen Hallen einbog. Alle Ordner waren schon verschwunden und so sah auch ein ungarischer Groundhopper seine Chance gekommen, das Spiel auch ohne Bilettle zu sehen und quatschte die Leute im schlechtesten Englisch an, ob sie ihn denn mit rein nehmen würden. Nicht lang gefackelt und so waren wir unter gütiger Unterstützung eines älteren Herren, der uns den Schabernack ansah und mein Ticket freundlich entwertete, alsbald im Innenraum. Eine runde Sache für den Ungarn, war ihm die Freude wahrlich ins Gesicht geschrieben und sollte er einen guten Abend vor sich haben. 
Die Cannstatter Kurve startete mit einer satten Choreografie in den Abend, deren ganzes Ausmaß ich erst am nächsten Tag vollständig begriff, sollte doch Merlin der Magier einen Sieg unseres Burstrings in der Kristallkugel vorhersehen. Aber dafür, ja dafür, musst du halt in der Champions League gegen Paris Saint Germain schon etwas mehr als nur Durchschnitt bringen. So war es, dass wir 89 Minuten einfach keine Chance gegen Luis Enriques Ballzauberer hatten und zudem noch mindestens zwei der vier Buden quasi selbst schossen. Selten habe ich so eine verdiente Niederlage gesehen, weil der Gegner in allen, aber wirklich allen, Belangen überlegen war. Schnelles Spiel, Pressing, Pass- und Spielgenauigkeit, Dribbling, das war stark und zeigte uns klar die Grenzen auf. Natürlich mache ich niemandem einen Vorwurf, denn gegen diese Truppe verlieren viele. Was mich aber schon ein wenig nervt ist, dass wir das Spiel nicht mal körperlich gemacht haben: Wenn mich der 11er, äh 17er, im Mittelfeld, in den ersten 15 Minuten nach Strich und Faden verarscht, dann muss es halt mal weh tun…
Auf dem Platz wurde das Spiel also eher sang- und klanglos verloren. Auf den Rängen ergab sich ein leicht anderes Bild, obwohl man ganz klar anerkennen muss, dass die Pariser Taugenichtse durchaus immer noch einen respektablen Mob stellen. Pyro, oberkörperfrei und satter Support ließen an diesem Tag auch eher den Haufen aus Frankreich die Oberhand gewinnen. Ja, es war das eine oder andere Mal sehr laut im Stuttgarter Rund und ja es gab Phasen, in denen wir zeigten, was die Kurve kann, aber – so ehrlich muss man sein – das Duell auf den Rängen ging nach Frankreich (und leider nicht nach St. Etienne).
Jetzt ist sie also vorbei, die Europapokalsaison 2024/2025. Ich für meinen Teil hatte auf meine alten Tage kein Auswärtsspiel, bin aber stolz auf unsere Mad Beavers, dass es immer noch den einen oder anderen verrückten (fast zu viele eigentlich) gibt, der sich die volle Dröhnung gab. Nach all der Scheiße gings also auf die Reise und jetzt kommt aber, ja was genau, das große ABER:
Das wichtigste Spiel der Saison steht nächste Woche Dienstag an. Wenn wir ähnliche körperlos gegen Augsburg spielen, dann wird’s auch hier schwer. Also Arschbacken zusammenkneifen, mehr Galle auf und neben dem Platz und dann ab nach Berlin (das Halbfinale mit obligatorischem Auswärtssieg in Leverkusen überspringen wir selbstredend).
Allez VfB

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