Böllenfalltor. Den alten Hasen schlägt das Herz schneller und Sie werden aufgeregt. Im Gegensatz dazu fragen sich nicht Interessierte: Was, da hat es kein Dach? Was, das ist nicht direkt an der Autobahn mit eigenem Parkhaus? Was, es gibt keine Arena-Card zum Bezahlen des alkoholfreien Bieres? Was, da gehst Du hin? Aber so was von!

Tatsächlich sollte unser geliebter VfB also mal am Bölle spielen, weder im DFB-Pokal, noch in der 2. Liga, sondern in Deutschlands höchster Spielklasse. Es gibt sie also noch, die kleinen Wunder des Fußballs, bei uns der Sportverein aus der Universitätsstadt Darmstadt (ohne ansässigen Autobauer oder entsprechendes Chemiewerk), in UK der kleine Klub aus Leicester. Leider die Ausnahme, aber immerhin noch ein kleiner Grashalm an den man sich klammern kann.
Nach endloser Diskussion und endlosem Planungsgalama nahm man also frohen Mutes den Highlander-Bus nach Darmstadt, der im Vorfeld die ein oder andere Verwirrung auslöste, dann aber doch pünktlichst sich an seine Abfahrzeiten hielt. Dank an dieser Stelle fürs Organisieren. Die Anreise verlief relativ unspektakulär, bestimmende Themen waren mal wieder der Abstiegskampf unseres VfB, die geplanten Montagsspiele, aber auch die Kindergartenvergabe der ruralen Gemeinden. Tja, wir sind eben doch älter geworden. Als man dann in Darmstadt freundlich (ohne Witz) von den Herren in blau auf den Gästeparkplatz des Böllenfalltores – der sich bei genauerem Hinsehen als Uni-Parkplatz  entpuppte – geleitet wurde, war einem bewusst wie schön Fußball immer noch sein kann. Aus sämtlichen Löchern gekrochen kamen alte Hasen, die ich nicht mal vom sehen kannte, wo man aber sehr schnell merkte, dass Sie schon das ein oder andere Mal für unseren VfB hin gehalten haben. Respekt an alle ganz Alten! Durch Wald und Wiesen ging es vorbei an einem Kletterpark „nauf“ zum Bölle, wo man sich erst mal noch mit Most stärken musste und einem die Eintrittskarte noch abgeclipst statt abgescannt wurde. Ein Traum!
Der Boden der Tatsachen holte einen dann aber ganz schnell wieder ein, als eben um 15:30 Anpfiff war. Zwei unterdurchschnittliche Bundesligamannschaften standen sich gegenüber um ein wichtiges 6-Punkte-Spiel auszutragen. Die sportliche Brisanz der Partie war aber anscheindend nur den Darmstädtern so richtig bewusst. Unsere Herren scheinen ob der paar gewonnen Spiele zu Beginn der Rückrunde wieder wahlweise in den „Ich bin satt“ oder „Ich will mich nicht verletzen, weil ich a) entweder zur EM will oder b) mein neuer Arbeitgeber auf mich wartet“-Modus gefallen zu sein. Unfassbar mit welcher Lustlosigkeit wir dieses Spiel gegen einen wahrlich schlagbaren Gegner nur mit Glück 2:2 spielen. Was ich aber fast noch krasser finde, sind die Reaktionen danach: Die Spieler und Medien sagen was von einem Kampfspiel, das man angenommen hätte. Kramny ist froh über den Punkt in einem aggressiv geführten Spiel, der VfB-Newsletter ist überschrieben mit „Ausgeglichener Schlagabtausch“. Ja sag mal, hab nur ich ein anderes Spiel gesehen oder knallte der Äpplwoi doch stärker als gedacht? Ich weiß man sagt mir gerne nach, dass ich beim VfB eher Pessimist als Optimist bin, aber Leute die Reaktion nach dem Spiel bei der weder Fans noch Spieler wissen, was das eigentlich gerade wieder war und dann ein paar Minuten später bei Interviews und allem raus zu posaunen wie achtbar man sich hier schlug, ist einfach unfassbar.
Dieses Jahr wird eventuell eine Truppe am Ende mit runter oder in die Relegation gehen, die sich bis vor dem 34. Spieltag noch nicht damit auseinandergesetzt hat. Das sind entweder die Kölner oder wir. Und dann bin ich gespannt, wenn Daniel D. am 34. Spieltag unsere Truppe auf den Platz führt und sich entscheiden muss zwischen Abstieg beim jetzigen Klub oder Europapokal beim nächsten. Prost Mahlzeit!
Nichtsdestotrotz: Danke für diesen schönen Fußballnachmittag und hoffentlich gibt es ihn nächstes Jahr wieder, in der höchsten deutschen Spielklasse! Allez VfB!